Beinbruch mit 5 Jahren! Warum wir nicht damit gerechnet haben und wie lange es dauerte bis sie wieder lief

Beinbruch mit 5 Jahren – ein Erfahrungsbericht

Das Mäuschen rutschte auf einer Höhe von einem knappen Meter beim Klettern ab und fiel dann unsanft auf den Po. Nie hätte ich gedacht, dass etwas Ernsteres passiert ist – und fiel dann beim Anblick des Röntgenbildes später am Abend fast in Ohnmacht.

Diagnose: Schien- und Wadenbeinfraktur und das nicht zu knapp. Die beiden Knochenenden des Wadenbeins standen gefühlt zentimeterweit voneinander ab. Ich hätte in Tränen ausbrechen können.

Mein armes Kind! Warum nur konnte ich sie nicht auffangen, ich stand ja hinter ihr!? Warum nur bin ich mit den beiden Mädchen auf den Spielplatz!?“ Alleine war meine Tochter in der Vergangenheit kaum auf die Idee gekommen, an der Boulderwand rum zu klettern.

Und ich wollte noch forcieren, dass sie aufsteht, ja stellte sie schon fast auf die Beine weil ich dachte, es sei doch nix passiert. Doch sie weinte für ihre Verhältnisse sehr heftig und lang, es schien ihr wirklich weh zu tun. „Vielleicht ein Bänderriss?“ Etwas Schlimmeres konnte ich mir nun wirklich nicht vorstellen.

„Kann doch nichts passiert sein“

Kinderknochen sind doch noch weich, da kann nicht viel passieren…“ Ein  Gedanken jagte an diesem Tag den anderen. Weil sie partout das Bein nicht belasten wollte, rief ich noch vom Parkplatz aus den Kinderarzt an. Es waren Herbstferien und er hatte natürlich Urlaub.

Bei der ersten Vertretung kam ebenfalls nur der Anrufbeantworter. Die Praxis war an diesem Nachmittag geschlossen. Die zweite Vertretung meinte, sie seien voll, wir müssten halt direkt ins Kinderspital. „Das geht nicht“, meinte ich verärgert, ich hätte ja noch ein Besuchskind hier und würde sicher nicht wegen einem verstauchten Fuss so weit fahren.

Denkste… Abends meinte der Papa, dass das Bein komisch aussehe und das alarmierte mich dann doch. Wir riefen aber erstmal nur im Spital vor Ort an, wo wir auch sofort hin durften. Aber wir mussten lange warten bis jemand kam, bis wir röntgen durften, bis dann wiederum der Arzt kam und bis dann schlussendlich das Bein für den Transport geschient wurde…

Nachts in der Notaufnahme

Und so landeten wir spätabends dann doch noch in der (sehr ruhigen) Notaufnahme des Kinderspitals. Die Kleine machte alles so unglaublich gut mit. Sie, die sich von Fremden/Ärzten nicht anfassen lässt. Sie erduldete alles tapfer. Das Personal war bis jetzt aber auch ausgesprochen empathisch, geduldig und sanft.

Man liess ihr Zeit. Keine Hektik. Trotzdem hiess es, dass sie direkt in den OP soll, ich bangte. Unter Narkose wolle man von aussen die Knochen so justieren, dass sie gut und gerade zusammenwachsen können und prüfen, ob das hält. Gelinge das nicht, werde man minimalinvasiv Klammern setzen.

Nun, das war nicht die erste und früheste OP, die wir mit einem unserer Kinder hatten, trotzdem ist das letzte Mal länger her und es ist vermutlich jedes Mal einschüchternd. Wir durften bis zur Schleuse mit. Ein ganzes Team stand um ihr Bett. Wir fühlten: sie ist gut aufgehoben.

Das Warten war nicht einfach

Doch sie dann allein zu lassen, trotz Sedierung (sie bekam das sehr wohl noch mit, dass wir nicht mehr an ihrer Seite waren) und, mittlerweile mitten in der Nacht, mindestens eine Stunde lang in einem kargen, neondurchfluteten Wartezimmer die Zeit abzuhocken, war nicht einfach.

Umso froher war ich, als alles vorbei war, sie mit gegipstem Bein, ruhig schlafend allein im Aufwachraum und wir nach 2-3 Checks endlich ein Zimmer beziehen konnten. Ich bekam ein Klappbett im selben Zimmer, in dem noch ein Mädchen (wohl schon länger) „wohnte“.

Nur noch 4-5 Stunden Schlaf sollte ich bekommen, davon wurde ich 2x wach weil beim anderen Mädchen etwas kontrolliert werden und sie auf’s Klo musste, ich weiss es nicht mehr genau.

Ein Tag im Spital

Das Mäuschen schlief prima durch, war aber am Morgen verständlicherweise durcheinander und störte sich vor allem am Zugang, der erst am späteren Nachmittag entfernt werden sollte. Vom bestellten Frühstück ass sie kaum etwas, auch vom Mittagessen nicht.

Für mich war dieser Tag Horror – eingesperrt in diesem (durchaus schönen) Krankenzimmer, ohne Privatsphäre, draussen das schönste Wetter und ich musste die Kleine dauer-bespassen.

Zum Glück befand sich direkt neben uns der Aufenthaltsraum, aus dem ich ihr ein Buch und ein Spiel nach dem anderen besorgen konnte bis wir mit allem durch waren. Zwischendurch schlief sie zum Glück nochmals und ich versuchte es auch mit einem Power Nap, einmal quetschte ich mich zu ihr ins Bett.

Von Schmerzen und einem Rollstuhl

Immer wieder sahen Schwestern und Ärzte nach dem Rechten und kamen mit in Spritzen aufgezogenem Saft gegen die Schmerzen, was ich ihr verabreichen sollte. Zum Glück trank sie die meisten davon. Wir bekam noch einige Ampullen mit nach Hause, von denen sie dann aber das meiste verweigerte.

Das Bein schien ihr weniger Probleme zu bereiten als der Arm, in dem der Zugang lang. Dummerweise spritzte die Schwester, als sie ihn entfernen wollte, eine Lösung mehr ins Gewebe denn in die Vene, was der Kleinen dann noch 1-2 Tage Schmerzen bereiten sollte…

Bevor wir nach Hause gehen durften wurde uns noch ein Leih-Rollstuhl gebracht und instruiert, Krücken gebe man in diesem Alter keine. Als wir kurz davor waren, entlassen zu werden, wurde es der Kleinen zu viel. Zuvor ertrug sie alles stoisch aber die Schlusskontrolle wollte sie nicht mehr zulassen.

Endlich nach Hause…

Leider bestand die Ärztin darauf, sie käme in 10 Minuten wieder. Ich war so fertig und wollte nur noch nach Hause, dass ich in punkto Überredungskunst aus dem Vollen schöpfen musste damit die Kleine die Ärztin an sich heran liess. Ich glaube sie war ihr einfach unsympathisch? Abhören ging dann nicht mehr, ich war heilfroh, dass wir trotzdem gehen durften.

Zuhause freute ich mich auf unser Bett und darauf, den Schlaf nachzuholen. Soweit klappte alles gut, aber die nächsten Wochen sollten sehr mühsam für uns werden.

Nur zwei Spaziergänge mit dem Rollstuhl duldete die Kleine, danach war sie nicht mehr zum Rausgehen zu bewegen. Zum Kindergarten musste ich sie mit dem Auto fahren und das oft unter grossem Protest – anders ging es nicht. Erst nach Wochen, als der Gips weg war, konnte ich sie mit dem Fahrradanhänger hin fahren.

Eine bewegungsarme Zeit

Auf’s Klo, ins Bett etc. musste ich sie natürlich jeweils tragen, sie war mit dem Gips leider auch selten willig, sich selber fortzubewegen. Und so verbrachte sie den Grossteil der Zeit auf dem Sofa oder im Rollstuhl am Tisch zum Essen, Malen oder Basteln.

Rutschen auf dem Po wollte sie kaum, auf dem gesunden Fuss stehen war erst nach 3-4 Wochen halbwegs möglich, erleichterte uns dann aber die Toilettengänge sehr. Nach etwa einer Woche wurde übrigens der anfangs noch offene Gips geschlossen, sie wählte einen neuen mit Katzenpfoten.

Bereits an diesem Termin wurde nochmals geröntgt und dann nach vier Wochen erneut. Ich bangte sehr, ob der Gips nun weg kommt und zum Glück war es so. Doch meine Hoffnung, sie würde dann recht schnell aufstehen und wieder los laufen, wurde schnell zunichte gemacht.

Weitere vier Wochen bis zum ersten, freien Schritt

Es sollte noch weitere vier Wochen dauern bis sie erste freie Schritte wagte, langsame, humpelnde. Auch sahen die Knochen noch nicht wieder so aus wie vorher, obwohl der Arzt meinte, dass das noch komme. Immerhin hatte sich neuer Knochen gebildet und der Arzt war wohl zufrieden.

Wir bekamen aber ein Sportverbot bis Mitte Dezember, dasselbe galt für’s Schwimmen. Ich war enttäuscht, hoffte ich doch, dass sie bald wieder in den Kurs durfte. Immerhin ging ich schon zweimal mit ihr ins Hallenbad damit sie das „Gefühl“ für’s Stehen/Gehen im Wasser etwas testen konnte.

Leider hat sie nun einige Schwimm-Stunden verpasst und wird wohl nicht mehr in ihre Gruppe zurück können. Es wirft uns zurück. Auch die geliebten Stunden im Pony-Club waren und bleiben wohl vorläufig ein Tabu. Zu gross wäre natürlich die Gefahr, dass sie stürzt und dann doch noch operieren müsste.

Das will keiner! Tatsächlich erwies sich diese Gefahr nicht als gross, wagte sie es doch lange nicht, zu „üben“. Ich überschätzte ihren Bewegungsdrang da ein wenig. Aber doch machte sie, wenn auch sehr langsam, „Fortschritte“.

Endlich ging es voran

Den Durchbruch hatte sie am letzten Sonntag nachdem wir zum zweiten Mal im Hallenbad waren. Da begann sie zuhause plötzlich „richtig“ zu laufen, also nicht mehr humpelnd. Und es ging auch viel schneller voran.

Nur stellte sie den Fuss des gebrochenen Beines noch stark nach aussen, was mir gar nicht gefiel. Ich bin zwar weder Arzt noch Physiotherapeut, aber ich machte mir Sorgen, dass sie sich da etwas Schlechtes anlernt.

Aber sie fühlte sich so sicherer und es funktionierte so für sie besser und da es auch mich entlastete weil sie schon fast wieder alleine den Kindergartenweg meisterte (momentan sorge vor allem ICH mich), liess ich sie…

Letzte Kontrolle im Spital

Heute hatten wir den letzten Kontrolltermin mit Röntgen im Spital und der Arzt war sehr zufrieden; meinte, sie hatte Glück, dass wir nicht operieren mussten. Wäre sie 4-5 Jahre älter, wäre es seiner Meinung nach nicht so gut verheilt. Es wurde neues Knochengewebe gebildet, das Schienbein sah sehr gut aus, fast wie früher.

Der Winkel des zusammengewachsenen Wadenbeins hatte sich auch nochmals verbessert. Es ist noch nicht wieder wie vorher, aber da sie noch im Wachstum sei und sich alles in die Länge ziehen wird, werde bestimmt auch das wieder gut kommen. Wichtig sei das Schienbein.

Den Fuss rotiert sie mittlerweile auch nicht mehr so stark nach aussen, humpelt aber immer noch ein klein wenig. Sollte das in 1-2 Monaten nicht besser sein, müssten wir uns in der Kinder-Orthopädie melden, aber ich hoffe mal, dass das nicht nötig sein wird. Der Arzt ist hier auch zuversichtlich.

Eine lange „Durststrecke“

Was ich wohl am meisten unterschätzt habe, ist, wie lange sie unselbständig sein würde. Klar, im Nachhinein verging die Zeit rasch. Aber als ich mittendrin steckte, dachte ich nur: „das darf doch alles nicht wahr sein!

Ich hatte ja eben erst meine Stelle angetreten und alles ganz anders geplant. Und nun war es mir durch das ganze Prozedere natürlich unmöglich, mein Stunden-Soll zu erfüllen. Durch die Begleitung kam ich morgens später und musste mittags früher los. Immer.

Zum Glück sprang aber der Papa mittags ab und zu ein damit ich wenigstens ein paarmal bis kurz vor 12 Uhr im Büro bleiben konnte. Gerade wenn ich noch Besprechungen hatte um 11 Uhr war das sowieso unerlässlich.

Und zu meinem grossen Glück zeigten meine Vorgesetzten (selber auch Väter) immer Verständnis und ich konnte an den Nachmittagen, an denen sie Kindergarten hatte, jeweils im Home Office arbeiten weil es sich sonst zeitlich kaum gelohnt hätte mit der Fahrt ins Büro.

Zum Glück „nur“ ein Beinbruch

Jetzt haben wir diese „Episode“ endlich um, unser erstes Kind mit einem Knochenbruch nach über 12 Jahren als Eltern. Ich bin einfach nur heilfroh dass der letzte Termin gut lief und hoffe, dass so etwas nie wieder passiert, auch wenn es bei älteren Kindern natürlich „einfacher“ sein dürfte.

Aber diese zwei Monate haben mir, ja uns, ziemlich viel abverlangt… Denn auch der Kleinen merkte man sehr stark an, dass sie nicht kann, wie sie möchte. Ihr, ja uns, fehlte die Bewegung und die Selbstständigkeit und es gab sehr viele schwierige Situationen… Das wurde zum Glück nun zunehmend besser.

Nicht auszumachen das alles wäre „ernster„. Es war ja „nur“ ein Beinbruch. Ich möchte mir nicht vorstellen, was Eltern durchmachen, deren Kinder schwerwiegend krank werden und für noch längere Zeit eine intensive Betreuung brauchen.

1 comment
  1. Ich kann mir vorstellen, wie groß die Erleichterung gewesen sein muss, als alles vorbei war.
    In unserem Werkzeugraum lagen die Hämmer einfach so herum, und mein Sohn ist eines Tages hineingegangen und hat angefangen, sich die Werkzeuge anzusehen. Leider fiel ihm dabei ein Hammer vom Regal direkt auf den Fuß, was zu einem verstauchten Knöchel und einem gebrochenen Kahnbein führte. Ich habe mich danach so schuldig gefühlt, weil ich nicht daran gedacht hatte, alles sicher zu verstauen. Jetzt habe ich einen abschließbaren Werkzeugkasten, um solche Unfälle in Zukunft zu vermeiden. Zum Glück waren die Arztpraxen offen, und alles ging relativ glatt. Mein Sohn hat sich so tapfer gehalten, das war wirklich beeindruckend. Das Schlimmste für mich war, ihm nicht wirklich bei den Schmerzen helfen zu können. Am Ende haben nur aufmunternde Worte, Zeit und sein Lieblingscartoon ein wenig Trost gespendet.
    Es ist wirklich bewundernswert, wie tapfer deine Tochter war. Danke für diesen ehrlichen und berührenden Artikel!

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