Kinder und Medien "Dreissig Minuten, dann ist aber Schluss!"

Endlich! Ein umfassender Ratgeber zur Medienerziehung ohne erhobenen Zeigefinger

Dreissig Minuten, dann ist aber Schluss! Mit Kindern tiefenentspannt durch den Mediendschungel“ von Patricia Cammarata dreht sich rund um die Themen Medienerziehung und Medienkompetenz von Kindern. In ihrem Buch beantwortet sie immer wiederkehrende Elternfragen von „Wie lange dürfen Kinder fernsehen?“ bis zu „Wann sollten Kinder ein eigenes Handy bekommen?

Sobald Kinder auch nur annähernd in ein Alter kommen, in dem digitale Medien spannend werden, machen sich Eltern Sorgen. Nun ja, nicht alle. Ich sehe in vielen Restaurants 2-Jährige, denen zum Essen irgendwelche Filmchen vorgesetzt werden, damit sie ruhig da sitzen.

Aber die meisten machen sich Gedanken. Sie haben vermutlich irgendwann mal gelesen, dass zu viel Bildschirm-Zeit blöd macht, Computerspiele aggressiv und Kinder überhaupt recht schnell mal handy-süchtig werden. Dazu gab es hier bereits einen Beitrag: „Jetzt pack doch mal das Handy weg!“ Und meine Tipps an erwachsene(!) Handy-Nutzer.

Mediennutzung immer wieder neu aushandeln

Fakt ist: es gibt keine Handlungsempfehlung im Sinne von (analog Buch-Titel) „30 Minuten pro Tag im Alter X-Y“ sind gesund, danach sollte das Gerät wieder ausgeschaltet werden. Im Gegenteil muss man für sich und seine Familie selber eine Lösung oder Verhandlungsbasis schaffen.

Diese ist dann aber nicht sakrosankt, sondern soll und darf immer wieder neu bewertet werden – aufgrund des Mediums, des Alters der Kinder, aber auch der Umstände (Schultage oder nicht, z.B.). Das klingt auf längere Sicht anstrengender als eine klare Regel, ist aber zielführender.

Und: Eltern haben eine wichtige Vorbild-Funktion. Hängen diese ständig am Handy, können sie von ihren Kindern nicht das Gegenteil erwarten.

Selbstbestimmte Mediennutzung?

Wer Cammarata’s Werk gelesen hat, ist danach aber etwas beruhigter. Zumindest war ich das. Was in unerzogen-Kreisen immer mal wieder propagiert wird, nämlich, dass man Kinder selbstbestimmt die digitalen Medien nutzen lassen soll, ist nicht der schlechteste Rat.

Trotzdem gilt es ein paar Regeln dabei zu beachten. So empfiehlt es sich die Mediennutzung kleinerer Kinder zu begleiten. Allenfalls auch gewisse Filter zu aktivieren oder z.B. nur YouTube Kids zu nutzen.

Ältere Kinder müssen nicht mehr ständig begleitet werden, ein Dialog und echtes Interesse sind aber wichtig. Man soll als Eltern also ruhig fragen, welche YouTube-Kanäle konsumiert werden und diese dann auch überprüfen. Man darf fragen, was die Kinder daran toll finden.

Eine vertrauensvolle Beziehung

Wir sehen: bei der Mediennutzung wie auch sonst im Familienleben sollte die Beziehung im Vordergrund stehen: „Eine gute, offene und vertrauensvolle Beziehung zu den Eltern zu haben ist für Kinder in Sachen digitale Medien der beste Schutz“, schreibt die Autorin.

Cammarata gibt auch Tipps für Eltern kleiner Video-Spieler, wie sie ein Spiel „testen“ können ohne es selber spielen zu müssen. Und natürlich, wo man sich im Netz informieren kann, um ein fundiertes Urteil zu bilden bevor man etwas aufgrund Hörensagen verteufelt.

Hier wie bei vielem anderen gilt natürlich auch: spannend wird erst recht, was verboten wurde. Und keiner kann kontrollieren, ob das Kind sich dann Fortnite oder Pornos nicht einfach bei Kollegen rein zieht. Also lieber darüber reden und auch mal erlauben und vielleicht mitmachen oder zusehen (ich meine jetzt das Computerspiel, nicht das Wort mit P… 😉

Kinder haben ein Recht auf Privatsphäre

Ist das Interesse befriedigt, ist oft auch Ruhe. Haben wir uns nicht alle früher Filme heimlich bei Freunden angesehen, die unsere Eltern uns verboten haben? Besser also, dem Kind zu sagen, dass es vielleicht Angst davon bekommt und ihm den Rat geben, sich Ohren und Augen zuzuhalten, wenn sich eine schlimme Szene anbahnt…

Für jede gute Beziehung gilt das Recht auf Privatsphäre. Der Partner muss nicht alles wissen. Und: wer sich vertraut, muss dem anderen nicht hinterher schnüffeln. Also bitte gar nicht erst daran denken, Spy Apps zu installieren, den Browserverlauf zu checken etc. Es ist übergriffig und falsch und wirkt sich negativ auf die Psyche des Kindes aus.

Wann darf mein Kind ein Smartphone haben?

Eine der grossen Eltern-Fragen und oft wird sie von der „Peer Pressure“ beantwortet („alle anderen in der Klasse haben schon eins!“). Cammarata sagt:

Der Zeitpunkt für das erste Smartphone ist nicht so entscheidend wie die Aufklärung im Vorfeld und das gemeinsame Einrichten des Smartphones.

Ist also der Zeitpunkt gekommen, gilt es, sich die Funktionen gemeinsam anzuschauen, z.B., damit Kinder wissen, dass es In-App-Käufe gibt und dass sich Benachrichtigungen auch ausschalten lassen.

Und es dürfen durchaus Familien-Regeln vereinbart werden, z.B. keiner nimmt das Smartphone mit ins Bett! Das gilt dann natürlich auch für die Eltern.

Wie viel Medienkonsum ist gesund für Kinder?

Ihr könnt es Euch schon vorstellen: eine Regel gibt es dafür nicht. An manchen Tagen mag der Konsum höher sein (es regnet, es ist Wochenende), an anderen Tagen ist er gegebenermassen geringer (lange Schule, Hobbies etc.).

Wichtig ist es deshalb, die Umstände immer im Auge zu behalten und aufgrund dessen zu entscheiden und zu verhandeln. Und bei der Mediennutzung darauf zu vertrauen, dass Kinder durchaus mit der Zeit fähig sind, sie selber zu regulieren.

Drei Faustregeln will Cammarata am Schluss ihren Lesern mit auf den Weg geben:

  • Mit der Medienerziehung so früh wie möglich anfangen – nicht erst im Teenageralter. (Kleinkinder brauchen meiner Meinung nach aber auch noch keine digitalen Medien, Notiz von mir, Mama mal 3 😉
  • Die Eltern-Kind-Beziehung stabil, offen und vertrauensvoll gestalten, denn sie ist der beste Schutz. Selbst vor den Gefahren des Internets.
  • Auch Scheitern und Fehler zulassen, aber immer dazulernen.

Ich kann „30 Minuten, dann ist aber Schluss!“ allen Eltern sehr ans Herz legen. Das Buch behandelt die wichtigen Fragen faktenbasiert, humorvoll und liefert konkrete Tipps.

Es behandelt alle wichtigen Kanäle (von WhatsApp, über TikTok bis YouTube) und Themen ((Cyber-)Mobbing, Gamen, Pornos, Suchtgefahr) und liefert auch gute Beispiele aus der Praxis anderer Familien.

Man kann sich also in jedem Fall so einiges mitnehmen, auch wenn man denkt, man wisse eh schon alles (ich wusste z.B. nicht, dass eine App wie WhatsApp eine Altersbeschränkung hat – Nutzung laut AGB erst ab 16 Jahren!).

Mediennutzung – wie ist es bei uns?

Lange schwamm ich in dem Fahrwasser „ja nicht zu viel und zu lange“. Mittlerweile sehe ich es lockerer und lasse die Kinder machen. Ich frage einfach ab und zu, was denn so gemacht wird auf Google und YouTube. Beim Fernseher habe ich aus Gründen eine Kauf-Sperre aktiviert…

Das Mäuschen halte ich grösstenteils noch vor den digitalen Medien fern. Weil ich es kann, weil sie nicht danach verlangt und es prima ohne geht. Der Papa benutzt ab und zu Katzen-Videos etc. um ihr die Haare zu kämmen (weil sie Kämmen hasst, die Haare aber nicht schneiden will) oder wenn sie mal weint, wenn ich abends das Haus verlasse.

Ein Smartphone hat bei uns noch keins der Kinder, einfach darum weil wir es nicht als notwendig erachten. Sie haben auch beide bisher nicht darum gebettelt obwohl viele aus der Klasse des Grossen schon eines besitzen.

Aber erstens dürfen Handys in der Schule nicht benutzt werden und zweitens brauchen wir es nicht als Kommunikationsmittel, da ich ja meistens zuhause bin. Und da wir zuhause zwei Tablets haben, auf die sie zugreifen können, besteht auch wirklich kein Bedarf.

Und wie sieht es mit der Medienkompetenz aus?

Ich halte nichts davon, Tablets schon im Kindergarten einzusetzen nur mit der Begründung, die Kinder müssten möglichst früh schon lernen, damit umzugehen. Kinder erleben und lernen die neuen Medien meiner Meinung nach früh genug kennen.

Und sind geistig fit genug um sich da schnell reinzufuchsen. Ich nutze die App Procreate zum Zeichnen und Animieren (GIF-Gestaltung z.B.). Habe ich dem Grossen 1x erklärt, schon hat er es geschnallt und experimentiert auch manchmal gerne damit… 🙂

Es ist vermutlich wie bei allem: sind Neugier und Motivation da, wird es schnell erfasst, ansonsten wird es halt mühsam: mein Grosser musste schon in der 3. Klasse das „Maschinenschreiben“ lernen. Er fand es ätzend und tippte seine Übungs-Programme einfach mit dem Zeigefinger durch. Tja…

Und wie ist es bei Euch? Möchte wer von seinen Erfahrungen berichten? Und: holt Euch das Buch von Patricia Cammarata. Es ist echt spannend und lehrreich und bietet wertvollen Input… 

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3 comments
  1. Danke für die ausführliche Buchvorstellung!

    1. Gerne und falls Du diese Antwort noch liest: irgendwo habe ich Dir noch eine Frage gestellt. Du schreibst ja, dass Du die YouTube-Kanäle gern durchcheckst um zu wissen, was die Kids da so gucken und vlt auch darüber ins Gespräch zu kommen. Mein Sohn schaut sich aber kaum fixe Kanäle an, sondern nutzt YT eher als Suchmaschine, hast Du da einen Tipp? Einfach ab und zu mal mit rein schauen?

  2. […] „Noch dreissig Minuten, dann ist aber Schluss!“ – Ein Buch für Eltern mit Fragen rund um die Medienerziehung und -nutzung. […]

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