Nerven aus Drahtseil, bitte – aber pronto!

Heute ist einer dieser Abende, an denen ich die Wände hochgehen könnte. Wirklich! Habe meinen Sohn um 20 Uhr ins Bett gelegt und er ist ohne auch nur einen Mucks eingeschlafen. Ganze 30min lang. Danach Geschrei. Das war vor einer Stunde! Nein, ich nehme ihn nicht raus. Ja, er ist erkältet, aber er hat seinen Medikamentencocktail intus (etwa 5 verschiedene Substanzen, von denen ich nicht wissen will, wie sie wirken und was sie beinhalten. Es ist mir zuwider, aber was soll man tun, ich glaube nun mal an die Schulmedizin und setze Homöopathie nur bei Zieperchen ein).

Ja, er ist müde. Nein, er ist nicht hungrig…

Also: Ich lasse ihn weinen, zornen, schreien à la Ferber. Was soll ich denn bitte sonst tun? Es nervt mich. Ich will Feierabend. Ich bin verdammt noch mal allein (mein Mann auf Geschäftsreise). Ich habe KEINE Nerven. Ich bin KEINE Supermutti, die liebend gerne eine Stunde lang am Bettchen wacht. Es MUSS reichen, dass ich alle paar Minuten zu ihm gehe, ihm den Nuggi wieder reinstopfe, ihn berühre (streicheln, Hand auflegen, Händchen halten). Es MUSS.

Meine Nerven liegen bereits nach 5 min ununterbrochenem Weinen blanker als blank. Noch mehr Strapaze geht nicht. Jede Faser in meinem Körper schreit nach Schokolade. So kompensiere ich die aufgestauten Aggressionen. Ich schätze, irgendwann wird mein Sohn von einer total frustrierten Mutter zu hören bekommen, dass er schuld daran ist, wie fett ich bin. Erstens eben das nun und zweitens weil ich keinen Sport mehr machen kann.

Geschafft!

Aber bevor ich jetzt abschweife: Nach 50min habe ich es offenbar geschafft. Kein Mucks mehr aus dem Kinderzimmer. Puh! Irgendwie ist mir jetzt die Lust auf Schokolade auch vergangen. Aber irgendwas gönne ich mir jetzt dann doch noch… als Belohnung fürs Durchhalten. Und als Wegzehrung für eine vielleicht nicht ganz einfache Nacht. Falls DAS erst der Anfang war. Bitte nicht! So. Jetzt habe ich also noch 30min Mama-Pause bevor es Zeit fürs Bett ist – oder der Kleine wieder weint. Letzteres hoffe ich jetzt nicht. Drückt mir die Daumen!

Das ist übrigens das Verrückte am Muttersein und an den Kindern: Sie treiben einen in die Wahnsinn (und in die Schokoladensucht) und trotzdem liebt man sie abgöttisch. Und war man mal eben ungeduldig, böse oder grob, dann bereut man es sofort und verfällt sofort in grosse Selbstzweifel. Aber das ist scheinbar normal, dass man sich für eine schlechte Mutter hält.

Woher weiss ich, dass ich keine schlechte Mutter bin?

Das Problem dabei ist: Es gibt wirklich schlechte Mütter. Das erfährt man täglich irgendwie in den Medien. Und woher weiss ist, dass ich nicht dazu gehöre? Und sind nur die Mütter gut, welche ihre (ur)eigenen Bedürfnisse völlig ausblenden? Und bin dann ich eine schlechte Mutter wenn ich mein Kind weinen, quengeln, warten lasse, weil ich grad noch ’ne Mail fertig schreiben will? Wenn ich nicht mit meinem Kind spiele, weil ich grad damit beschäftigt bin, mir was zum Anziehen rauszusuchen. Wenn ich mein Kind in den Kinderwagen packe und bei H&M Kleider ansehe? Bin ich deswegen eine schlechte Mutter? Ganz ehrlich: Ich bin da nicht über jeden Zweifel erhaben…

0 comments
  1. Na endlich schreibts mal jemand. Ich könnte diesen Beitrag WORT FÜR WORT übernehmen und auch in meinem Blog posten. Du sprichst mir aus der Seele. (Übrigens auch mit dem Folgebeitrag!) Danke.

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