Darf sich eine Mutter langweilen?

Mir ist ja so langweilig…

Langeweile im Mama-Alltag als Tabu – dieses Thema behandelt heute in einem Gastbeitrag meine Blog-Kollegin Stella von Muttergeist und trifft damit meiner Meinung nach einen Nerv, den viele Mütter bisweilen spüren, auch ich. Man ist eigentlich ausgelastet, aber irgendwie eben auch nicht. Also, Bühne frei für Stella…

„Den Spagat zwischen Mutterschaft und Berufsleben schaffen mittlerweile sehr viele Frauen. Neben der Arbeit steht auch die Erledigung des Haushalts, das Kochen von gesunden Mahlzeiten für die Kinder, das Wahrnehmen von Terminen und darüber hinaus auch Spielzeit auf der Agenda.

Herausfordernder, stressiger Alltag

So würde man meinen, dass eine Mutter nicht einmal vor dem Wiedereinstieg in den Beruf so etwas wie Langeweile verspüren kann, denn der Alltag mit Kind ist an sich sehr fordernd, zum grössten Teil sogar herausfordernd und kann oft auch sehr stressig sein. Manche machen daraus in ihren Glückwünschen zur Geburt einen Spass.

Solche Glückwünsche waren mir am liebsten, denn sie kamen meinem Vorsatz nahe, mich bloss nicht zu ernst zu nehmen und stets über mich selbst lachen zu können, egal, wie schwierig es werden sollte.

Wenn man nämlich mit Zwillingen gesegnet ist, kommt nicht nur die Herausforderung im Doppelpack, sondern man kann oft auch mit den üblichen Tipps und Ratschlägen für Eltern nicht viel anfangen…

Hat man das erste Jahr überstanden und die Kinder sind älter und mobil geworden, wachsen ebenso ihre Ansprüche, also kann eigentlich auch dann keine Rede von Langeweile sein, oder?

Stimmt etwas mit der Mutter nicht?

Hat man es als Mutter mal gewagt, öffentlich zu gestehen, dass man von Langeweile heimgesucht wird, stösst man in der Regel auf völliges Unverständnis, ja manchmal sogar auch auf Empörung. Eine humorvolle Bemerkung wäre hier bestimmt hilfreicher, als entrüstete Kommentare: 

Man hat als Mama super viel tun, man kommt zu nichts. Oder: Mit den kleinen wissbegierigen, lernfreudigen, kreativen und aufgeweckten Wesen kann es einem doch nicht langweilig werden.

Und wenn doch, dann stimmt etwas mit der Mutter nicht…

Dabei sind sich viele Menschen offensichtlich nicht darüber im Klaren, dass man mit Aufgaben überhäuft und gleichzeitig mental unterfordert sein kann.

Tagein, tagaus dasselbe

Dass die vielen Wiederholungen, die besonders Kleinkinder noch nötig haben und mögen, bei Erwachsenen schnell für Langeweile sorgen können.

Damit meine ich eigentlich nicht die Routine, die aus (Still-)Mahlzeiten, Wickeln und Schlafen besteht, sondern die Rituale, die Kindern gefallen und wichtig sind.

Denn tagaus, tagein die gleichen Tierbilder auf dem Küchenkalender zu begrüßen, die gleichen Kinderlieder zu singen, die gleichen Kinderbücher zu lesen und die gleichen Spiele zu spielen kann sehr wohl langweilig werden.

Die Wiederholungen sind natürlich wichtig, da sie den Kindern Sicherheit und Orientierung geben und sie in ihrer Entwicklung fördern. Da kann man nicht nach Lust und Laune für Abwechslung sorgen.

Die Leistung von Müttern wird nicht anerkannt

Es ist unvergleichbar, zu beobachten, wie die Kinder sich entwickeln und ein immer grösseres Verständnis zeigen, sich stärker bemühen, über sich hinauswachsen und eine besondere Beziehung aufbauen.

Man merkt ja auch an sich selbst, dass man sich weiterentwickelt und manchen Ängsten und Sorgen den Rücken kehrt (bis wieder neue kommen).

Aber als frisch gebackene Mutter habe ich mich von der leistungsorientierten Gesellschaft ausgeschlossen gefühlt. Die Ausdauer und Improvisationsfähigkeit, die ich als Zwillingsmama zutage legen muss, wird nicht anerkannt. Lässt sich nicht verwerten. Privatsache eben.

Unglaublich. Mamas wissen, wie es sich anfühlt. Wie die innere Leere trotz überwältigend vieler Aufgaben in einem gähnt und sich als bleierne Langeweile manifestiert.

Es fehlt an Beschäftigung

Mädchen am Pool - Langeweile bei Müttern

Ja, es ist ein wunderbares Gefühl, wenn die Kinder es das erste Mal schaffen, Stapeltürme zu bauen, ohne dass sie umfallen und es ist schön, wenn man merkt, wie sie immer sicherer beim Klettern auf der Rutsche werden oder immer besser schwimmen.

Aber damit das passiert, sind sooo viele Wiederholungen nötig, die von vielen einfach als Kinderkram abgetan werden. Erzieherinnen können das wahrscheinlich auch nachvollziehen, denn man fängt erst damit an, ihre Arbeit angemessen zu würdigen. 

Auch die geliebten Rituale, die natürlich alle kindgerecht sind, lassen uns Mütter manchmal das ein oder andere Gähnen unterdrücken und wir sehnen uns nach einer Herausforderung, die unseren Fähigkeiten gerecht wird. Und zwar nicht nur als Mutter, sondern auch als Frau.

Es fehlt einem an Beschäftigung, die als solche auch gesellschaftlich anerkannt und nicht als selbstverständlich betrachtet wird.

Langeweile kann in jedem Job vorkommen

Denn immer noch werden Alltagsaufgaben wie Haushalt und Kochen, aber auch Kindererziehung, die zeitintensiv und fordernd sind, nicht genügend wertgeschätzt und man muss sich auch noch darum bemühen, ein aalglattes Bild aufrechtzuerhalten, dass man das alles als Teil einer ungebrochenen Selbstverwirklichung erlebt.

Und bitte stets mit einem Lächeln auf dem Gesicht!

Wir sagen ja mittlerweile, Mama sein ist ein Vollzeitjob und stellen somit den Vergleich zum Beruf her, für den man ja Fertigkeiten und Kenntnisse mitbringen und entwickeln muss, die anerkannt und entlohnt werden.

Kaum jemand würde sich darüber empören, höchstens wundern, wenn man selbst im Traumjob von Langeweile heimgesucht wird. Man würde eher Gespräche führen und Vorschläge machen, um das Problem zu lösen.

In ihrer Rolle aufgehen?

Niemand bestreitet, dass Elternschaft harte Arbeit ist. Doch obwohl sie monoton sein kann und nicht alle Facetten der Persönlichkeit bedient, dafür aber alle Kraftreserven in Anspruch nimmt, sollen Mütter am besten das Bild der bedingungslosen Liebe aufrechterhalten.

Und da gibt es keinen Platz für Langeweile. Denn die zeigt ja, dass man selber Ansprüche hat. Immer noch erwartet man aber von Müttern, dass sie sich stillschweigend aufopfern und in ihrer Rolle aufgehen.

Zum Glück werden in den Medien und in der zunehmenden Anzahl von Mama-Blogs verstärkt Tabus und Themen wie dieses aufgegriffen, indem Mütter über ihre Erfahrungen und Gefühle berichten und uns zeigen, dass es besser ist, darüber zu reden, als sich verfehlt oder ausgeschlossen zu fühlen.

Es wird wohl noch lange dauern, bis man offen über alles Unliebsame und Unvorteilhafte sprechen oder schreiben kann, was mit der Elternrolle zu tun hat. Und je mehr Stimmen sich erheben, desto besser.

Denn offener und ehrlicher Austausch wirkt nicht nur kathartisch, sondern ändert auch langsam aber sicher unsere Ansichten und Haltungen, fördert die Problemlösung und sorgt für eine positive Entwicklung.

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