Vater fotografiert seinen Sohn mit Schultasche

Über Kinder in der virtuellen "Öffentlichkeit"

Bloggen, Fotos, Privatsphäre, Datenschutz, soziale Netzwerke und Kinder im Netz… Ein Thema, das immer wieder kommt. Gerade, wenn wieder ein aktueller „Fall“ kursiert, wie letztens, werde auch ich zu diesem Thema angesprochen. Die Tendenz ist schon so, dass, auch wenn der Blog gerne gelesen wird, die Menschen sehr kritisch mit diesem Thema umgehen. Es ist verständlich, denn es ist für uns alle Neuland. Wir sind schlichtweg nicht mit den neuen Medien aufgewachsen. Ich kann nicht sagen, wie es für mich (gewesen) wäre, wenn meine Eltern über mich gebloggt oder Fotos veröffentlicht hätten. No idea! Die nächste Generation, unsere Kinder, wachsen hingegen damit auf. Wie sie dereinst mit diesem Thema umgehen werden, darauf bin ich gespannt.

Meine Kinder sind unterdessen (Update 2019) sensibilisiert darauf. Sie wissen, dass Fotos im Netz landen und von jedermann gesehen werden können. Sie wollen das nicht und äussern das auch. Oder ich frage sie vorher um Erlaubnis und sie kontrollieren das Bild dann auf dem Display…

Bilder als Blickfang

Auf jeden Fall will auch ich mich gerne etwas ausführlicher äussern. Erst einmal lese ich natürlich auch viele andere Blogs und beobachte, wie es deren Autoren machen. So habe ich z.B. schon recht früh damit begonnen, die Namen meiner Kinder nicht zu nennen. Mehr aus Prinzip, denn eine Verbindung zu ihnen kann trotzdem gezogen werden. Während der ersten Zeit habe ich zudem überhaupt keine Bilder veröffentlicht. Dabei machen doch Bilder einen Blog erst interessant. Anfangs waren es weniger, unterdessen sind es mehr Fotos, weil sie einen Text wunderbar ergänzen können, ein Blickfang sind. Niemand liest bilderlose Blogs.

Irgendwann habe ich mich an der erfolgreichen deutschen Bloggerin Mari (Baby, Kind & Meer) orientiert, die eines Tages beschloss, die Gesichter ihrer Kinder nicht mehr zu zeigen bzw. nur eine kurze Zeit lang nach der Geburt. Generell jedoch hielt ich mich mit Fotos meiner Kinder eher zurück und finde auch heute noch, dass ich sie nicht sehr oft für den Blog etc. fotografiere und, da sie es sowieso manchmal gar nicht mögen, oft auch nur unbeobachtet, also ohne Blick in die Kamera. Das passt so für mich und ich möchte es auch so beibehalten. Auch, weil ich finde, dass gestellte Fotos selten wirklich schön sind und man es einem Kind z.B. sehr gut ansieht, wenn es gekünstelt in die Kamera grinst.

Gesichtslose Fotos wirken auf mich leblos

Ich bin ein Fan von Fotos, auch bei Erwachsenen, auf denen der Blick nicht der Kamera gilt. Mari begann dann aber, und ich empfehle Euch ihren Beitrag dazu, ihre Kinder wieder zu zeigen. Die Gründe dafür sind nachvollziehbar, es ist für ihre Familie stimmig und authentisch so und der Grossteil der Kommentierenden lobte sie für diesen Schritt. Auch ich freute mich über diesen Befreiungsschlag, v.a. da die Fotos von sehr guter Qualität sind und ich auch einfach neugierig auf die Gesichter war. Man lebt ja, wenn man einen Blog regelmässig verfolgt, auch ein bisschen mit. Da macht es nur Sinn, die Gesichter beim Lesen dann auch vor sich sehen zu können, wenn auch nur aus der Erinnerung.

Ständig gesichtslose Kinder wirken leblos. Einzelne Stimmen äusserten Kritik, wobei es inhaltlich darum ging, dass man die Kinder „vermarkte„. Ich sehe das jetzt nicht so eng und in der Regel werden ja Produkte etc. gezeigt, die man als Familie/Kinder im Alltag auch wirklich benutzt/einsetzt. Wir Blogger sind generell selten käuflich oder manipulierbar und gehen nur Kooperationen ein, hinter denen wir auch stehen können. Besagte Kritik müsste sonst ja Werbung mit Kindermodels/-schauspielern generell für schrecklich halten und dagegen protestieren – ist also wohl eher eine Randerscheinung?

Mit wachsendem Alter mehr Distanz gewähren

Trotzdem erklärte Mari, dass sie ihre ältere Tochter, die gerade mit der Schule begann, von nun an weniger zeigen werde. Dass sie ihr mehr Privatsphäre gönnen wolle. Also z.B. auch keine Fotos aus ihrem Zimmer, generell weniger Infos über Lilli, so heisst sie, auch im Text. Ganz ausklammern wolle sie sie aber auf keinen Fall, denn sie gehöre nach wie vor zur Familie, sei auf Ausflügen und im Urlaub dabei und werde darum sicher auch gelegentlich auf dem ein oder anderen Bild erscheinen.

Ich habe gemerkt, dass ich das beim Grossen automatisch und schon länger begonnen habe. Ich glaube, jemand sagte sogar einst zu mir, ich würde immer nur die Maus zeigen oder über sie schreiben. Das liegt auch daran, dass der Grosse sich wirklich kaum fotografieren lässt. Ich glaube, dass ich für mich/uns hier eine gute Mischung gefunden habe, wenn es darum geht, die Kinder zu zeigen oder nicht. Ich denke auch, dass ich hier wieder mit Mari gleich ziehen werde und den Grossen noch weniger zeigen oder beschreiben werde. War ersteres, wie schon erwähnt, eh selten ein Thema, so werde ich nun noch mehr darauf achten, was ich über ihn hier erzähle und wie ich es mache.

Die Würde des Kindes wahren

Egal, ob man Fotos veröffentlicht oder schreibt, man kann beides auf eine würdigende oder kritische Weise machen. So haben wir z.B. in der Redaktionsleitung einer Ausgabe des mittlerweile leider eingestellten Wirbelwinds, der Elternzeitschrift der La Leche League, lange und teils kontrovers darüber diskutiert, ob das Foto eines weinenden Kindes auf den Titel gehört. Man kann ein Kind lächelnd zeigen und das ist OK, man kann es aber nackt zeigen, weinend, zornend, traurig oder in einer sonstwie bloss stellenden Situation. Und das muss nicht sein.

Gerade N*acktheit ist heutzutage mehr als verpönt, so traurig das ist, denn für mich war z.B. in unserem Sommerurlaub ein Foto meiner Tochter beim Bädala oder Sändala, nur mit Badehose bekleidet, nichts, was mich irgendwie alarmiert hätte. Trotzdem wurde ich rasch darauf aufmerksam gemacht und habe es dann wieder gelöscht. Und natürlich will man nicht, dass jemand solch ein Foto missbraucht und somit gehört es ins Familienalbum, nicht aber an die Öffentlichkeit.

Es mag sarkastisch klingen, aber ich frage mich, wie lange es wohl geht, bis man Kinder nur noch in UV-Anzügen, bedeckt vom Hals bis zu den Knien im Freien/Freibad toben lässt – nicht aus Angst vor der Sonne, sondern aus Angst vor fremden Blicken. Weder im Netz, noch im realen Leben, ist man gefeit davor! Und ganz ehrlich: im vollen Freibad merkt heutzutage niemand mehr, ob ein am Rand sitzender Mann nur eine SMS schreibt oder heimlich Fotos macht…

Es ist wirklich traurig, aber es fühlt sich heutzutage schon mulmig an, wenn ich meine Kinder mitten auf der Wiese auf dem Badetuch ihre nassen Hosen wechseln lasse – sie also einen kurzen Moment einer möglichen Gefahr aussetze. Und dennoch will man sie nicht in so jungem Alter schon ängstlich hinter Tüchern verstecken. Zumal das Schamgefühl sich erst noch, ganz natürlich, entwickeln wird. Aber lassen wir dieses Thema…

Gratwanderung zwischen Authentizität und Schutz

Ähnlich verhält es sich mit dem Schreiben. Ich war hier immer sehr offen und ehrlich… Ich mag Blogs nicht, welche nur die Sonnenseiten des Familienlebens zeigen. Es wirkt für mich entweder nicht authentisch, oder so einschüchternd, dass ich mich selber als totaler Versager fühle. Ich schätze Ehrlichkeit, ich fühle mit, wenn eine Mutter schreibt, dass sie einen Sch… Tag hat, dass die Nacht die Hölle war, der Job sie stresst, das Kind eine doofe Phase hat und sie am Rande eines Nervenzusammenbruchs steht. Das gehört auch dazu, es ist Realität.

Es mag schwierig sein, solche Tage und Situationen zu beschreiben, ohne dabei sein Kind bloss zu stellen. Für den einen oder anderen Leser ist es schon zu viel, zu hören, dass das Kind „anstrengend“ ist. Und wundert sich dann, wenn er an der Supermarkt-Kasse einen tobenden 2-Jährigen entdeckt? 😉 Wie auch immer, Ihr wisst, was ich meine und ich werde mir Mühe geben, weiterhin authentisch zu bleiben ohne zu detailliert zu werden.

Eine Bloggerin beschrieb es mal so, dass Ihre Leser ganz schnell den Eindruck gewinnen könnten, sie und ihre Familie persönlich zu kennen (als ob man Tür an Tür wohne), weil man sehr viele Einblicke in ihr Leben erhäl. Das gebe aber keinem ihrer Leser das Recht, gleich persönlich zu werden (sie sprach negative Kommentare an, die sie offenbar erhielt). Klingt auch ein wenig so, als würde die mit dem Blog geschaffene Nähe auch die Angriffsfläche erhöhen. Seht Ihr das auch so?

Die Kinder sind ein Teil von uns

Mein Ziel ist es, wie erwähnt, weiterhin eine gute Mischung zu finden. Ich will die Kinder schützen und trotzdem nicht gänzlich verstecken. Denn sie sind, wie auch Mari schon schrieb, ein Teil unseres Lebens (und unserer Welt!) und darum auch dieses Blogs; sie werden irgendwann selber aktiv „online“ sein und die Möglichkeiten wie auch die Gefahren des Netzes kennen lernen. Und ich werde, abgesehen davon, diesen Blog nicht ewig (auf diese Weise) weiter führen.

Sind die Kinder erst mal so um die 12, hat man ganz andere Themen. Vielleicht werde ich den Blog dann schliessen oder ihm eine andere Wendung geben. Wer weiss… Aber bis dahin dauert es ja zum Glück noch, und ich freue mich weiterhin über treue Leser und Fans auf allen Kanälen – danke, dass Ihr hier seid! 🙂

Ach ja, Ihr dürft natürlich gerne (sachlich) Eure Meinung zum Thema hier lassen… 😉 Wie denkt Ihr darüber? Fällt es Euch auf, ob jemand die Gesichter seiner Kinder zeigt oder nicht? Welche privaten Einsichten (schriftlich verfasst) lösen bei Euch Unbehagen aus im Sinne von „das hätte ich jetzt nicht so geschrieben“? Und wo setzt Ihr Eure Grenzen?

Pin Kinder im Netz zeigen

9 comments
  1. Ich finde es immer gut, wenn man Entscheidungen bewusst trifft und nicht unbedacht. Ansonsten sehe ich es etwas lockerer als du … Mini nie von vorne, nie in peinlichen Situationen und wenn sie alt genug ist, frag ich sie einfach, wie sie es haben möchte. Liebe Grüße Jenny

    1. Du schreibst lockerer, fotografierst Mini aber nie von vorne? 😉 Also nie mit Gesicht? Ich war eigentlich auch immer recht locker eingestellt, aber es kommen dann halt die ganzen Zweifler und man sieht es vlt nicht mehr ganz so locker 😉 LG

  2. Das Thema super aufgegriffen. Mein großer Sohn , mittlerweile 11 Jahre alt , möchte bewusst nicht mehr auf instagram oder meinem Blog zu sehen sein. Bzw wenn dann von hinten oder mal von der Seite. Unseren mini zeige ich ab und an mal. Aber eher auf instagram.
    Liebe grüße Marnie

    1. Dankeschön! 🙂 Ja, das kann ich mir gut vorstellen… finde es auch gut, wenn die Kinder anfangen zu verstehen, was man da am PC tut und man es ihnen erklären und sie miteinbeziehen/fragen kann, so wie du. Auf Instagram zeige ich auch Fotos, werde aber auch dort vermehrt darauf achten, wie… aber bei der Maus habe ich (noch) wenig Bedenken, sie ab und an zu zeigen…

      1. Den großen frage ich . Wenn er nicht möchte , zeige ich das Bild auch nicht. Ich denke jeder sollte für sich entscheiden , wie er es macht. Du hast ja auch schon angeschrieben, im realen Leben sieht man ja die Kinder auch im Freibad.

  3. Ja genau, ich finde es deshalb auch nicht ganz konsequent wenn sich Leute quasi bei mir „beschweren“ weil ich meine Kinder zeige, sie selber ziehen ihren Kindern aber im öffentlichen Raum ja auch keinen Sack über’s Gesicht… vlt etwas überspitzt, aber wenn es im Netz „böse Menschen“ gibt, dann gibt es sie auch auf der Strasse, auf Spielplätzen und im Freibad – unerkannt in der Menge…

  4. […] habe schon geschrieben, dass die Grossen, je älter sie werden, desto weniger präsent sein werden hier. Der Grosse kann jetzt lesen und macht das schon prima. Er weiss, dass seine Mama […]

  5. Vor zwei Tagen habe ich ein Bild von meinem Sohn gemacht. Er ganz trocken: „Das ist gut geworden, Mama, das darfst du auch hochladen.“ Dabei hatten wir über eine Veröffentlichung gar nicht geredet.

    Ein anderes Mal hat er mich gefragt, ob er nicht Lego-Sets testen darf – er würde sich dafür auch als „Model“ zur Verfügung stellen. Er ist übrigens acht Jahre alt. Mal schauen, wie er das später sieht. 🙂 Im Moment sehr locker und seine Klassenkameraden finden meinen Youtube Kanal cool (oder einfach nur langweilig, aber nicht peinlich).

    1. Das ist ja witzig! 😀 Ich glaube unsere Kids gehen ganz anders mit all dem um als wir, da sie von Anfang an nichts anderes kennen… Für Lego „modelt“ meiner auch immer gerne! 😀

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert