Buchcover Mama sein von Nele Hillebrandt

Buchrezension: „Mama sein“ von Nele Hillebrandt

Mit „Mama sein“ hat sich wieder eine Eltern-Bloggerin ans Buch gewagt und einen Ratgeber für (werdende) Eltern geschrieben. Nele Hillebrandt ist besser bekannt unter ihrem Blog-Namen „faminino“, wo sie, wie ich, über ihren Familienalltag berichtet und Tipps rund ums Familienleben liefert.

Als Erzieherin mit einem Bachelor of Science in Psychologie und als Mutter kann Hillebrandt auf einen grossen Wissens- und Erfahrungsschatz zurück greifen. Und so liefert sie uns mit ihrem Erstlingswerk alle wichtigen Infos rund um die Ernährung, das Schlafen und den Alltag mit Baby. Aber nicht nur das. Sie greift auch Themen auf, die oft auf der Strecke bleiben, aber nicht weniger wichtig sind. Z.B. das Gefühlschaos nach der Geburt und Momente der Überforderung.

„Mama sein“ greift auch Seelen-Themen auf

Mama sein“ ist gegliedert in die Kapitel Geburt, Wochenbett, Vorstellung vs. Realität, Mehr Zufriedenheit, Schlaf, Stillen oder Flasche, Beikost, Transport, Wickeln und Glücklich statt perfekt. Ihr habt jetzt sicher gemerkt, welche Kapitel hier einen grossen Mehrwehrt bieten im Vergleich zu anderen Ratgebern, welche diese „Seelen-Themen“ vielleicht nur am Rande aufgreifen.

Buchcover Mama sein von Nele Hillebrandt Als Dreifach-Mama waren mir natürlich die anderen Themen bekannt. Nele Hilebrandt hat sie aber prima aufbereitet: sachlich und knackig und jeweils mit Tipps, wo man sich weitere Infos holen kann wenn man sich doch noch eingehender mit dem Thema beschäftigen will.
Es freut mich als Trageberaterin natürlich auch sehr, dass sie empfiehlt, eine Beratung zu machen. Bei der kurzen Vorstellung von Tragehilfen fehlte mir der Mei Tai, während Half und Full-Buckle erwähnt sind. Der Mei Tai gehört da auch dazu 😉 Aber das ist jetzt so ein Trageberaterin-Klugsch…-Pünktchen 😉

Und zum Abschnitt „Tragen mit dem Gesicht nach vorne“ möchte ich noch ergänzen, dass wir als Trageberaterinnen an dieser Stelle eigentlich immer raten, das Kind auf den Rücken zu binden. Da sieht es a) auch mehr und b) ist es für Träger und Kind ergonomischer und bequemer, auf diese Weise getragen zu werden. So, fertig mit den Pünktchen hier.

Stoffwindeln und Windelfrei – danke, liebe Nele!

Beim Thema „Schlafen“ hätte ich mir eine vehementere Positionierung gegen Schlaftrainings gewünscht…  Sie stellt diese in Frage, aber beim Weiterlesen zum Thema schreibt sie vom Abwägen der Bedürfnisse. Und auch wenn hier nicht mehr von Schlaftrainings die Rede ist, könnte man es darauf beziehen und mit den Bedürfnissen der Eltern vielleicht rechtfertigen. Aber das ist jetzt meine ganz persönliche Ansicht, die vermutlich schon geschädigt ist bei diesem Thema.

Baby mit Stoffwindeln Was ich ganz toll finde, ist, dass Nele Hillebrandt dem Thema Stoffwindeln und vor allem auch dem Windelfrei-Konzept viel Raum gibt in ihrem Buch. In den wenigsten Ratgebern kommen diese Themen vor. Und wenn, dann nur am Rande. Nur auf einen Satz musste ich die Autorin aufmerksam machen. Sie schreibt: „Kontrollieren können Kinder ihre Ausscheidungen frühestens mit zwei Jahren.“ Aus eigener Erfahrung weiss ich, wie Ihr fleissigen Leser auch, dass das nicht stimmt. Aber der Satz ging ihr nur bei der Kontrolle unter, wie sie mir berichtete. Sie wird bei einer allfälligen weiteren Auflage den Satz entsprechend anpassen, da er zwar für viele Kinder gelten mag, aber eben nicht für alle.

Man darf sein altes Leben vermissen

Auch Baby Led Weaning als gute Alternative zu Brei bei Beikost-Einführung, widmet sie mehrere Seiten und das ist super, denn es ist immer öfter Thema. Auch während der Nestwärme-Treffen oder Trageberatungen werde ich oft dazu befragt. Immer mehr Eltern wollen ihr Kind selbstbestimmt an Beikost heranführen.

Das waren jetzt meine 2 Cents zu „meinen“ Themen 😉 Ich möchte aber nochmals zurück zu den Seelen-Themen. Nele Hillebrandt greift eben auch auf, dass der Start als Mama nicht ein rosaroter Himmel voller Geigen sein muss und das finde ich gut. Sie schreibt, dass man sein altes Leben ruhig vermissen darf, sie schreibt vom Phänomen „regretting motherhood“ und wie wir das Bonding unterstützen können, ohne uns dabei zu vernachlässigen – das ist ein Thema, das weit über die Geburt hinaus immer wieder aktuell sein wird.

Das Wort „Achtsamkeit“ kommt auch vor. Ich mag es nicht sonderlich, es ist zum Trend geworden, es inflationär zu verwenden und ploppt deshalb so alle paar Minuten irgendwo auf. Dabei ist es natürlich nur ein neues Wort für etwas, das immer schon da war. In meiner Adoleszenz hiess dieser Trend, der keiner ist, „Zen“ und es erschienen zig Bücher zu diesem Thema damals. Ja, ich besass auch welche… 😉 Aber egal, ob Achtsamkeit, Akzeptanz oder eigene Grenzen erkennen: Hillebrandt schildert konkrete Übungen, welche diese Themen auch greifbar machen. Und wenn frischgebackene Mamas etwas brauchen, dann ist es eben das und nicht ein paar geflügelte Worte.

Informativer Ratgeber mit viel Mehrwert

Alles in allem also ein schöner und informativer Ratgeber, der ungeschönt, aber realistisch auf’s Muttersein vorbereitet, zumindest auf die erste Zeit mit dem Baby. Dass dabei nach wie vor bei vielen noch „exotische“ Themen wie Stoffwindeln, windelfrei und Baby Led Weaning genau so viel Raum erhalten wie Brei und Wegwerfwindeln, finde ich natürlich klasse. Denn nur indem man sie selbstverständlich thematisiert, werden sie auch als ernst zu nehmende Alternative wahrgenommen. Und schön ist natürlich auch das Cover mit Baby im Tragetuch – danke für dieses schöne Werk, liebe Nele!

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