Wie sprichst Du mit Deinem Kind?

Beziehungsfördernde Kommunikation mit Kindern

Wie sprichst Du eigentlich mit Deinem Kind? Mit Kindern reden ist nicht immer so einfach, da Kinder Emotionen lange nicht gut in Worte fassen können. Und Eltern sind da manchmal auch nicht besser und bedienen sich gerne eingeprägter, alter Muster. Barbara Forster-Zanettin von redeweise.ch ist Mutter, Primarlehrerin und Expertin für beziehungsfördernde Kommunikation. Sie unterstützt Eltern dabei, „eine vertrauensvolle Beziehung zu ihren Kindern aufzubauen und dadurch eine Familienatmosphäre zu schaffen, welche für sie und ihre Kinder fruchtbar und bereichernd ist.

Barbara Forster-Zanettin von redeweise.ch
Barbara Forster-Zanettin. Bild zVg.

Die beziehungsfördernde Kommunikation ist die Grundlage für ein wertschätzendes, respektvolles und glückliches Miteinander.

Barbara, welche Floskel bringst Du immer mal wieder obwohl Du Dich eigentlich von Ihr verabschieden wolltest?
Ich habe häufig (gut gemeinte) Tipps oder Ratschläge bereit – etwas, das insbesondere in der Kommunikation mit Kindern nicht sehr vorteilhaft ist.

Wie bist Du auf die Idee gekommen, die beziehungsfördernde Kommunikation mit Kindern zu Deinem Thema zu machen?
Zu Beginn meiner Zeit als Primarlehrerin habe ich viele Weiterbildungen zu den Themen Kommunikation, Gesprächsführung und Konfliktlösung besucht. Als ich dann Mutter wurde, hatte ich jedoch das Gefühl, dass diese Kommunikations-Fertigkeiten im Umgang mit eigenen Kindern irgendwie nicht mehr «funktionierten».

Beziehungsfördernde Kommunikation ist in allen Bereichen wichtig

Daher entwickelte ich in den letzten Jahren die beziehungsfördernde Kommunikation, welche auf den Ansätzen von Thomas Gordon basiert und darüber hinaus Gedankengut von Paul Watzlawick, Marshall B. Rosenberg und Schulz von Thun beinhaltet.

Die beziehungsfördernde Kommunikation ist die Grundlage für ein wertschätzendes, respektvolles und glückliches Miteinander – sei es in der Familie, in der Partnerschaft, im Freundeskreis oder im beruflichen Umfeld.

Du bist auch noch Mutter und warst als Lehrerin tätig – das verbindet  sich ja alles wunderbar…
Genau, das passt alles schon irgendwie zusammen. Inzwischen bin ich jedoch nicht mehr in der Primarschule tätig – mein pädagogischer Hintergrund ist natürlich weiterhin sehr hilfreich, wenn es um die Aufbereitung und Vermittlung der Inhalte, sowie um die Entwicklung neuer Angebote geht.

Zudem kenne ich als Mutter die Herausforderungen des kunterbunten Familienalltags sehr gut und kann aus einem grossen Erfahrungsschatz mit unseren eigenen Kindern schöpfen.

Ich bin überzeugt, dass alle Eltern ihr Bestes geben.

Welche Fehler machen Eltern immer wieder bei der Kommunikation mit ihren Kindern?
Ich bin überzeugt, dass alle Eltern ihr Bestes geben und es liegt mir fern, hier von «Fehlern» zu sprechen. Mein Ziel ist es aufzuzeigen, wie mit kleinen Veränderungen in der Kommunikation grosse Veränderungen im (Familien-)Alltag erzielt werden können.

Zudem möchte ich Hintergrundwissen vermitteln, warum zum Beispiel die «Ich zähle jetzt auf drei!»-Methode oder «Wenn…, dann…»-Sätze auf längere Sicht nicht hilfreich sind.

Wie lange fährt man bei kleinen Kindern noch besser mit einer nonverbalen Kommunikation und was gilt es, dabei zu beachten?
Wenn man bedenkt, dass sich gerade Mal sieben Prozent unserer Kommunikation auf das gesprochene Wort beziehen, wird schnell klar, wie wichtig die nonverbale Kommunikation ist.

Dennoch empfehle ich, bereits mit Babys und Kleinkinder zu «reden» und ihnen Sachen zu erklären. Vielleicht verstehen sie dabei noch nicht jedes Wort, doch sie spüren bestimmt die Haltung, welche hinter unseren Worten steht.

Die Elemente der beziehungsfördernden Kommunikation

Was sind die wichtigsten Punkte für eine beziehungsfördernde Kommunikation?

Die beziehungsfördernde Kommunikation besteht aus insgesamt sechs Elementen.

  • Wertfrei wahrnehmen: sehen und hören, anstatt interpretieren und urteilen.
  • Wachsen und gedeihen: selber erblühen und sich am Gegenüber erfreuen.
  • Richtig zuhören: zuhören, um zu verstehen und nicht, um zu antworten,
  • Klar reden: von mir reden, anstatt über den Anderen.
  • Konflikte fair lösen: ich bin wichtig, du bist wichtig.
  • Werte vermitteln: der Zeit gelingt, was Druck nicht schafft.

Und wie gelingt uns diese auch im Alltag und nicht nur in der Theorie?
Ich stütze mich bei der Vermittlung der beziehungsfördernden Kommunikation auf die Problemzuordnung – denn nicht alles, was uns stört, ist tatsächlich unser Problem. Mit diesem Wissen gelingt es den Eltern, Situationen richtig einzuschätzen, sowie hilfreich und erfolgreich darauf zu reagieren.

Zudem ist es mir wichtig, dass meine Kursteilnehmer(innen) den psychologischen Hintergrund der verschiedenen Erziehungsmethoden und Verhaltensweisen erkennen, damit eine Veränderung angestossen werden kann.

Viele praktische Beispiele aus meinem persönlichen (Familien-)Alltag und auch der Austausch innerhalb der Gruppe ist ebenfalls sehr hilfreich, um die Theorie in die Praxis umzusetzen.

Welche Beziehung ist Dir wichtiger?

Mama, Du bist doof!“, „Meine Schwester soll weg!“, „Wo ist die Sch… Fernbedienung?“ Spätestens mit dem Schulalter schleichen sich bei unseren vorher „unschuldigen“ Kinderlein die Kraftausdrücke ein. Manche tun ganz schön weh und sind alles andere als wertschätzend… Von aussen wirkt es dann oft, als hätten wir unser Kind nicht im Griff und als hätte dieses jensten Anstand verloren. Gern wird von (älteren) Aussenstehenden dann mal gezischt, das Kind hätte an ihrer Stelle eine Ohrfeige „verdient“. Was sagst Du zu diesem Thema?
Das sind zwei extrem wichtige Themen. Zur Einmischung von Aussenstehenden gebe ich gern zu bedenken, welche Beziehung einem wichtiger ist: die zu meinem Kind oder die zu einer (womöglich fremden) Person?

Ich habe mich früher oft unter Druck gesetzt mit dem Gedanken, was wohl die Anderen über dieses oder jenes denken würden. Inzwischen ist es mir wichtiger, dass ich mit mir und unseren Kindern im Reinen bin.

Zu den manchmal schmerzhaften Ausrufen unserer Kinder möchte ich zuerst aufzeigen, wie Kinder (und teilweise auch Erwachsene) mit uns sprechen.

Kommunikation mit Kindern – Botschaften entschlüsseln

Erzähl mal…
Kinder können oft das Gefühl, welches sie in sich tragen, nicht direkt benennen. Das kann einerseits daran liegen, dass sie sich selbst gar nicht im Klaren sind, was gerade mit ihnen los ist. Andererseits kann es auch sein, dass sie das Gefühl nicht benennen können, weil ihnen der Wortschatz dazu fehlt.

Kommunikation mit Kindern - Kommunikations-Code entschlüsseln

Darum senden sie eine verschlüsselte Botschaft, zum Beispiel «Mama, du bist doof!» oder «Meine Schwester soll weg!» Nun besteht unsere Aufgabe darin, diesen Code wieder zu entschlüsseln, indem wir uns fragen, welches Gefühl hinter dieser Botschaft stecken könnte.

Ich sage dann zum Beispiel: «Gell, du bist jetzt total wütend, weil ich dir nicht erlaubt habe ein zweites Eis zu essen.» oder «Manchmal hast du es richtig satt, eine kleine Schwester zu haben.»

Kinder können mal reden wie ein Wasserfall, aber mal schweigen wie ein Grab. Der Klassiker „Na, wie war’s in der Schule?“, wird meist nur knapp beantwortet. Ist ein Kind sauer, straft es einem meist nur mit eindeutigen Blicken… Wie bringe ich mein Kind zur Kommunikation?
Manchmal ist es hilfreich, anstatt «Na, wie war’s in der Schule?» konkretere Fragen zu stellen. Denn es gibt tatsächlich viele Kinder, welche am Abend nicht mehr wissen, was sie den ganzen Tag in der Schule gemacht haben.

Hier ein paar Beispiele:

  • Magst du mir eine Sache erzählen, die du heute gelernt hast?
  • Was hat dir heute besonders Spass gemacht?
  • Was hat dir gar keinen Spass gemacht?
  • Worüber hast du heute mit deinen Freunden gelacht?
  • Gibt es etwas, das hat dich heute traurig gemacht hat?

Vielleicht erzähle ich auch zuerst ein bisschen von mir und meinem Tag – ansonsten fühlt sich das Kind womöglich wie in einem Verhör.

Was sind eigentlich die grössten Themen von Eltern, die bei Dir Kurse besuchen oder nach Rat suchen?
Viele Eltern haben den Wunsch, eine vertrauensvolle Beziehung zu ihren Kindern aufzubauen und möchten, dass ihre Kinder in einer Familienatmosphäre aufwachsen, in der sich alle wohlfühlen und bestmöglich entfalten können.

Die häufigsten Themen sind der Umgang mit der Autonomiephase und Wutausbrüchen des Kindes, Eifersucht und Streitigkeiten unter Geschwistern, die Erstellung von Familienregeln und verbindliche Vereinbarungen, eigene Bedürfnisse anbringen und Grenzen setzen.

Vielen Dank, liebe Barbara, für das spannende Interview!

Wenn Ihr Euch für die Angebote von Barbara interessiert, könnt Ihr gerne einen Blick auf ihre Website und ihre anderen Kanäle werfen. Dort findet Ihr auch alle Termine, z.B. diesen hier:

→ Dienstag, 23. Juni 2020: Online-Vortrag «Beziehungsfördernde Kommunikation im (Familien-)Alltag»

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2 comments
  1. […] Beziehungsfördernde Kommunikation mit Kindern – Interview mit einer Expertin […]

  2. Super Artikel! War sehr hilfreich. Danke dafür 😀 Es ist sehr wichtig, dass die Kommunikation mit den Kindern gefördert wird !!

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