Nora Imlau - Mein Familienkompass Eltern-Ratgeber

Nora Imlau: „Mein Familienkompass“

Nora Imlau - Mein Familienkompass Eltern-Ratgeber

Was brauch‘ ich und was brauchst du?“ fragt Autorin Nora Imlau in ihrem neusten Ratgeber für Eltern, „Mein Familienkompass“, ein Buch, das die Wurzeln der heutigen Elternschaft beleuchtet, Grundsätze auflistet und Wege aufzeigt, wie Eltern ihr Familienleben von innen heraus stärken können.

Mit „Mein Familienkompass“ ergänzt Nora Imlau ihr Werk mit einem fast 400 Seiten starken Eltern-Ratgeber. Dieses Buch kann als eine Art Grundlage für’s Familienleben angesehen werden und bildet die Basis für die weiteren Bücher, die Imlau schrieb und die konkrete Tipps liefern.

Unser Erziehungs-Erbe

Das Buch beginnt mit einer Feststellung, die viele Eltern heute machen müssen: wie ein riesiger Rucksack tragen wir „all die Erfahrungen und Glaubenssätze aus längst vergangenen Zeiten (…) und viele hundert Jahre Erziehungsgeschichte“ mit uns herum… Eltern zu sein in der heutigen Zeit ist ergo alles andere als einfach…

Auch zahlreiche wissenschaftliche Studien sind da keine Hilfe, gibt es doch oft völlig unterschiedliche Ergebnisse und was für die eine Familie stimmt, muss für die andere Familie noch lange nicht richtig sein… Mit „Mein Familienkompass“ will Imlau Familien darin bestärken, den für sie richtigen, individuellen Weg zu finden und zu beschreiten. 

Dies aber nicht ohne ein paar wichtige Themen genauer auszuführen, z.B. dass Gewalt an Kindern absolut inakzeptabel ist, es aber schwer ist, eine Grenze zwischen Erziehung und Gewalt zu ziehen.

Kinder als Tyrannen?

Nora Imlau nimmt uns in ihrem Buch auch eine der grössten Sorgen (die uns nicht zuletzt vor allem von älteren Generationen immer wieder eingetrichtert werden): dass unsere Kinder dank der heutigen „Kuschelpädagogik“ zu unerbittlichen Tyrannen heranwachsen. Sie schreibt:

„Kinder wollen gar nicht die Führungsrolle in der Familien in sich haben, die sie völlig überfordern würde. (…) Sie entdecken auf diese Weise einfach nur ihr eigenes Ich, ihren eigenen Willen, ihren Platz in der Welt.“

Und weiter: „Mit unseren Kindern freundlich umzugehen, ist also kein Zeichen von Schwäche. (…) Problematisch wird Freundlichkeit erst, wenn wir darunter verstehen, dass wir unsere eigenen Grenzen nicht wahren dürfen.

Bedürfnisse und Grenzen 

Das grosse Missverständnis also, dass Eltern oft von einer bedürfnisorientierten Erziehung haben. Eltern können durchaus ihre Bedürfnisse und Grenzen klar kommunizieren und durchsetzen – und dabei trotzdem freundlich und zugewandt bleiben.

Kommen wir zurück zur Gewalt und die äussert sich heutzutage in Familien leider unsichtbar. Während ohrfeigen oder schlagen mittlerweile verpönt und strafbar sind, verlagert sich die Gewalt einfach – zum Schreien, zum Wegnehmen, zum Liebesentzug, zu Erpressung – subtil, unsichtbar, gut kaschiert.

Das Problem: das Machtgefälle zwischen Eltern und Kind. Denn Kinder sind abhängig von Erwachsenen und deswegen tragen wir die Verantwortung für unsere Beziehung zu ihnen, wie Imlau schreibt… Eine Gewaltenteilung wie in einem Rechtsstaat gebe es hier nicht:

Wir empfinden es als völlig normal, dass Erwachsene im Umgang mit Kindern Regeln machen, überwachen und im Zweifelsfall auch Sanktionen verhängen, und zwar nach Gutdünken.“ Und das darf nicht sein. Es ist übergriffig, diskriminierend und kontraproduktiv.

Perspektivenwechsel machen

Deshalb sollten wir uns immer wieder fragen: „Was würde ich jetzt (…) tun, wenn das mein(e) Partner(in) oder mein(e) beste(r) Freund(in) wäre? Das hilft uns, uralte Glaubenssätze aufzudecken und unsere Kinder respektvoller zu behandeln.

Unsere Kinder wollen kooperieren, das wusste bereits Juul. „Es macht ihnen keinen Spass, uns zu ärgern“, so Imlau. „Sie testen auch nicht unsere Grenzen.“ Wann immer wir das Gefühl haben, unser Kind arbeite gegen uns, dann ist es im Gegenteil so, dass das Kind einfach nur „für sich“ arbeitet.

„Denn wenn unser Wunsch im direkten Interessenskonflikt mit ihren eigenen Wünschen und Bedürfnissen steht, verbietet es ihnen ihre persönliche Integrität, darüber einfach hinwegzugehen.“ (…) „Und dann? Haben wir immer noch das Recht, selbst für uns und unsere Bedürfnisse zu sorgen.“

Einer der wichtigsten Faktoren für ein gelingendes Aufwachsen ist Bindung. „Denn unsere Bindungserfahrungen haben Einfluss auf nahezu alle Bereiche unseres Lebens: unser Selbstbewusstsein, unsere Ängste, unseren Mut, aber auch unser Sozialverhalten, unsere Lernfähigkeit und unsere Lebensqualität.

Eine sichere Bindung

Um eine sichere Bindung zu entwickeln, müssen Bedürfnisse (nicht Wünsche – noch so ein grosses Missverständnis) gesehen, ernst genommen, und zuverlässig erfüllt werden, so Imlau. Unsere Kinder müssen sich sicher, geborgen und geliebt fühlen.

Knüpfen wir wieder beim Thema Gewalt an bzw. der gewaltfreien Kommunikation“ (GfK). Nora Imlau empfiehlt Eltern in schwierigen Situationen den „Vier-Schritte-Plan“, der verhindern soll, dass Eltern in aggressive Muster fallen weil sie es nicht anders gelernt haben:

  1. Beschreiben, was ich gerade sehe. (z.B. Unordnung im Kinderzimmer)
  2. Beschreiben, wie ich mich deshalb gerade fühle. (Überfordert, weil ich ahne, wie viel Arbeit es ist, das alles wieder in Ordnung zu bringen).
  3. Meine Bedürfnisse erkennen und benennen. (Ich möchte Ordnung und brauche dabei Eure Hilfe)
  4. Eine konkrete Bitte formulieren. (Zusammen alles wieder in Kisten sortieren)

Und: die Sieben-zu-eins-Formel zeigt sehr deutlich, warum es so wichtig ist, dass Eltern von Gewalt in jeglicher Form absehen sollten:

„Weil Verletzungen in uns allen viel stärker wirken als positive Beziehungssignale, braucht es sieben liebevolle Beziehungsinteraktionen, um eine unfreundliche auszugleichen.“

Das innere Kind leidet

Wenn wir Eltern mit Wut und Enttäuschung auf das Verhalten unserer Kinder reagieren, tun wir gut daran, herauszufinden, warum das so ist und was uns triggert. Manchmal ist das nur unser leerer Bedürfnistank (und es steht in unserer Verantwortung, diesen zu füllen und nicht in derjenigen unserer Kinder).

Oft aber ist das unser inneres Kind, das sich hier zeigt – mit all seinen Beziehungserfahrungen aus der Vergangenheit. Nicht jeder von uns wurde als Kind bedingungslos geliebt, durfte so sein, wie er oder sie war. Das gilt es aufzuarbeiten und vielleicht diese nie erfüllten Bedürfnisse irgendwie nachzuholen.

Denn „verletzendes Verhalten anderer gegenüber resultiert immer in unerfüllten Bedürfnissen, missachteten Grenzen und eigenem angestauten Schmerz.“

Und folgendes hilft uns dabei weiter, das Verhalten unserer Kinder nicht als böswillig oder unfolgsam zu interpretieren: Dieser „Widerstand“ ist nämlich ein gutes Zeichen, denn er spricht für eine „vertrauensvolle und zugewandte Beziehung“.

Co-Regulation vs Selbstbestimmung

Dafür, dass die Kinder sich bei uns „so sicher und geborgen fühlen, dass sie uns ihren ganzen Frust, ihre ganze Enttäuschung und ihre ganze Wut zeigen können, ohne je zu fürchten, dadurch unsere Liebe zu verlieren.

Wer übrigens denkt, dass Kinder, die bindungs- und bedürfnisorientiert aufwachsen, nie ein Nein hören und immer selber bestimmen dürfen, der irrt. Nein, wir suchen schlicht nach Wegen, unseren Kindern „so viel Co-Regulation wie nötig und so viel Selbstbestimmung wie möglich einzuräumen“. Was genau das heisst, führt Imlau in ihrem Buch weiter aus.

In einem weiteren Teil widmet sie sich auch dem Thema Konsequenzen und unterscheidet dabei zwischen natürlichen und künstlichen Konsequenzen. Wer diesen Unterschied versteht, begreift bald, dass ganz viele dieser oft als Ausrede benutzen Konsequenzen tatsächlich künstlich sind und damit einfach nur eine besser klingende Umschreibung von „Strafen“.

Nicht fehlen darf das Thema Grenzen. Imlau schreibt dazu u.a.:

„(…)Familienleben ist nicht immer schön und erfüllt nicht immer alle Ideale. Manchmal geht es schlicht darum, zu tun, was wir tun können, um unsere Grenzen zu wahren – in dem Bewusstsein, dass wir nur unser eigenes Handeln bestimmen können, und nicht das anderer Menschen. Auch nicht, wenn es unsere Kinder sind.“

Elternschaft heute ist schwierig

Ich schliesse meine Rezension, so wie sie begann: Eltern haben es heute nicht einfach. Die moderne Arbeitswelt verlangt von uns mehr Mobilität und Flexibilität während ein durchschnittliches Einkommen heute kaum mehr reicht, um eine Familie zu ernähren. Die Anforderungen an uns und die Verantwortung, die wir heute tragen, sind grösser als je zuvor.

Imlau spricht von den sogenannten Strassenkindheiten wie ich sie selber auch erlebt habe. Wir haben einen Grossteil des Tages draussen verbracht, gemeinsam mit anderen Kindern. Die Eltern mussten uns nur zum Abendessen rein rufen. Das ist heute kaum noch so.

Es ist also absolut notwendig, dass wir uns das (Familien)leben so sehr erleichtern wie es nur irgend geht. Kinder brauchen keine perfekten Eltern, nur verlässliche.

Es gibt keine Garantie

Und bei allen „sicheren Bindungserfahrungen und einer gewaltfreien Kindheit voller Wärme, Wertschätzung und Respekt“, statistisch gesehen also ideale Bedingungen für ein gesundes, glückliches Leben, sind sie doch kein Garant dafür, dass unser Kind „das Leben haben wird, das wir ihm wünschen.“

Messen sollten wir uns per se nicht daran, sondern „an der Beziehung, die wir miteinander aufgebaut haben. Ist diese, auch wenn unsere Kinder gross sind, stark, frei und liebevoll – dann haben wir unsere Sache gut gemacht.“

Ich hoffe, Euch mit meiner ausführlichen Rezension über „Mein Familienkompass“ einen guten Einblick in Nora Imlaus neustes Werk gegeben zu haben. Ich kann es auf jeden Fall weiter empfehlen für Eure Eltern-Bibliothek! Kauf-Link weiter unten…

Weiterlesen – mehr von Nora Imlau auf Mama mal 3

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