Celia Zimmermann, Schweizer Master CrossFit-Athletin

„Ich möchte mich sportlich immer noch weiterentwickeln“

Das Interview mit Celia Zimmermann setzt den Startpunkt für eine Reihe von Interviews herausragender Schweizer CrossFit-Athletinnen – Arbeitstitel „10 Fragen an…“. Celia Zimmermann ist mir schon an einigen Wettkämpfen aufgefallen. Besonders spannend ist, dass sie sowohl mit ihrer Tochter als auch mit ihrem Schwiegersohn schon den Comp Floor teilte. Eine starke Familie also. Und da sie ebenfalls Master-Athletin und Mutter von drei Kindern ist, hat sie mich natürlich besonders inspiriert.

Du bist eine der besten kompetitiven Master-Athletinnen der Schweiz. Was hast Du Dir heuer für Ziele gesetzt?
Im Moment sind gerade die Crossfit Opens mit den Quarter-Finals aktuell. Später in der Saison werde ich bei verschiedenen Team-Competitions starten. Auf diese freue ich mich immer ganz besonders. Ob ich dieses Jahr an einem Individual Wettkampf teilnehme, weiss ich noch nicht. Ich werde im August 49… Bei vielen Wettkämpfen gibt es Masters-Kategorien für 35+/40+, aber eher selten für 45+! Es gibt in der Schweiz leider einfach zu wenige «ältere» Master-Athletinnen, um die verschiedenen Kategorien gut zu füllen.

Celia Zimmermann, Schweizer Master CrossFit-Athletin Mittlerweile muss man sich für die meisten Wettkämpfe über eine «Quali» für den Final qualifizieren. Ich finde diese Quali-Zeit immer sehr anstrengend – mental und körperlich.

International werde ich deshalb dieses Jahr nicht starten. Gerne würde ich aber irgendwann nochmals den Final des French Throwdowns erreichen – dann aber wohl in der Kategorie 50+.

Mein eigentliches Ziel ist aber nicht unbedingt das gute Resultat an den Wettkämpfen! Für mich ist es wichtig, zu spüren, dass ich mich sportlich immer noch weiterentwickle. Ich bin sehr gespannt, wie lange ich noch Fortschritte erzielen kann. Ich möchte immer noch besser werden und nicht einfach nur meine Fitness erhalten.

Sowohl Deine Tochter als auch Dein Schwiegersohn machen CrossFit und Du hast mit beiden schon Wettkämpfe bestritten. Wer hat Dich mehr herausgefordert?
Diese Frage ist es etwas unfair. Meine Tochter Sina ist mittlerweile eine Top-Athletin und sehr professionell im Crossfit unterwegs. Mein Schwiegersohn Marco und ich können mit ihr sportlich nicht mehr mithalten – umso cooler ist es aber natürlich, wenn Sina mit uns an Wettkämpfen startet oder mit uns trainiert! Mit ihr im Team wachsen Marco und ich oft über uns hinaus! Da Marco auch bereits zu den «Masters» gehört, ist es natürlich super, dass wir zusammen an Masters-Competitions teilnehmen können! Ich glaube, wir sind das einzige Mutter-Schwigi-Päärli in der Szene. Und auf das sind wir sehr stolz!

CrossFit ist genau der Sport, den ich immer gesucht hatte.

Wer hat eigentlich zuerst zum CrossFit gefunden? Du oder Deine Tochter? Bzw. wie kamst Du dazu?
Ich habe zuerst angefangen! Ich war mein Leben lang polysportiv unterwegs. Ich studierte Sport an der ETH, bin geklettert, gerannt, geschwommen – in ganz jungen Jahren habe ich geturnt und getanzt und dann schwärmte eine Kollegin vor ca. 7 Jahren vom Crossfit! Bereits nach dem ersten Probetraining hat es mir den Ärmel reingezogen. Crossfit ist genau der Sport, den ich immer gesucht hatte.

Daraus entstand auch diese schöne Geschichte: Sina liess sich durch mich für’s Crossfit begeistern. Marco war unser Coach – und heute sind die beiden verheiratet.

Wie sieht ein normaler (Trainings-)Tag bei Dir aus?
Da meine Tage sehr unterschiedlich sind, ist es einfacher, von meiner Woche zu erzählen. Wir sind eine grosse Familie. Ich habe drei Töchter und wenn alle mit ihren Partnern bei uns zu Hause ein- und aus gehen, sind wir mit unseren drei Hunden und einem Pferd doch ein grosser Haufen! Ich arbeite 45% als Pflegefachfrau in einer Kinderarztpraxis und coache im Crossfit Zürioberland etwa 5 Stunden pro Woche – meistens abends. Darum herum gestalte ich meine Trainings. Wöchentlich sind dies etwa 10-12 Stunden. Zweimal pro Woche versuche ich zwei Trainingseinheiten pro Tag zu absolvieren, am Freitag trainiere ich nie.

Das klassische Krafttraining hat mich nochmals einen grossen Schritt weiter gebracht.

Trainierst Du ausschliesslich in Classes oder nur für Dich, lässt Du Dich coachen, machst Du noch andere Sportarten oder ist es eine Mischung aus allem? 
Viele Jahre habe ich einfach nur in den Klassen trainiert. Bei meinen Teilnahmen an den ersten grossen Wettkämpfen fand ich dann heraus, dass eigentlich viele meiner Mitstreiterinnen einen eigenen Coach haben oder mit spezifischen Trainingsplänen arbeiten. Das habe ich dann auch versucht und bin klar gescheitert. Ich musste mir eingestehen, dass ich nicht ausschliesslich alleine trainieren kann! Ich brauche die Klassen oder die Trainingspartner um mich herum, nur so macht mir das Training Spass und nur so bin ich effizient.

Deshalb trainiere ich jetzt in einer Mischform. Ich besuche Klassen, trainiere mit Sina und bekomme zwei Trainings pro Woche von «nbrkn_training». Zudem gehe ich 1-2x pro Woche ins klassische Fitnesscenter. Seit einiger Zeit weiss ich, dass mein linkes Knie hochgradig arthrotisch ist. Mit dem gezielten Krafttraining versuche ich unter anderem die Funktion meines Knies noch so lange wie möglich zu erhalten. Auch wenn ich ein totaler Fan von Functional Fitness bin – das klassische Krafttraining hat mich im Crossfit nochmals einen grossen Schritt weitergebracht. Und mein Mann ist ein sehr guter Biker. Ab und zu begleite ich ihn auf eine seiner Touren.

Du beherrscht alle Skills. Gibt es noch etwas, dass Du als Schwäche bezeichnen würdest und an dem Du gerade arbeitest? 
Das Gewichtheben ist meine grosse Schwäche. Immer wenn bei einer Quali, an den CF-Open oder an einem Wettkampf ein 1RM kommt, bin ich «verloren».

Ich gehöre nicht zu den vernünftigen Athletinnen!

Ich bin mit meiner Grösse (1.54m) und meinem Gewicht (55kg) sicher eher eine leichte Athletin –aber das soll keine Ausrede sein! Es ist mir schlichtweg noch nicht gelungen, so richtig intensiv an dieser Schwäche zu arbeiten. Ich müsste sehr viel investieren, um ein wenig schwerer zu heben. Aber das wenige mehr, wäre dann immer noch nicht gut genug. Doch ich bleibe auf jeden Fall dran und hoffe, dass ich den Gap zwischen dem Gewichtheben und dem Rest etwas verkleinern kann!

Wir Master-Athletinnen haben nicht mehr Power ohne Ende. Worauf achtest Du, um so leistungsfähig zu bleiben?
Ich gehöre nicht zu den vernünftigen Athletinnen! Ich bin sehr schlecht mit klaren Strukturen und trainiere wahrscheinlich viel zu viel! Ich lebe weder nach einem Ernährungs- oder Schlafplan, noch besitze ich eine Pulsuhr oder einen Leistungstracker, die Regeneration kommt bestimmt auch zu kurz. Ich stehe am Morgen auf und schaue, was der Tag bringt. Ich laufe viel mit meinen Hunden, habe eine tolle Familie an meiner Seite und lasse mich seit Kurzem ab und zu massieren. Ich habe das Glück, dass ich wenig Ruhezeit brauche. Ich spüre meinen Körper schon mehr als früher – ab und zu schmerzt alles – aber sobald ich mich bewege, fühlt es sich einfach gut an. Meine Freude an diesem Sport und die Freundschaften und Kontakte durch den Sport sind mein Akku.

Hast Du noch spezielle Tipps für andere Master-Athletinnen 40+?
Ich habe im Alter von 42 Jahren mit diesem Sport begonnen. Wenn ich zurückblicke, bin ich begeistert, was ich in dieser Zeit alles erlernen konnte. Das grösste Glück ist doch, wenn man eine Leidenschaft hat und diese mit anderen teilen darf. Deshalb: einfach immer dranbleiben! Es kann noch lange aufwärts gehen! Auch Ü40 ist man noch nicht an seiner Leistungsgrenze angelangt!

Ich turne für mein Leben gern.

Wie lange möchtest Du noch CrossFit trainieren?
Ich hoffe, ich muss nie damit aufhören! Das Tolle am Crossfit ist ja, dass ALLE diesen Sport machen können. Bei den Competitions sieht es etwas anders aus: Meine Stärke ist, dass ich mich immer noch schnell und mit Leichtigkeit bewegen kann. Ich turne für mein Leben gern und liebe es, viele Gymnastic-Skills zu beherrschen und dies auch auf dem Comp-Floor zu zeigen. Wenn ich diese Fähigkeiten verlieren sollte oder merke, dass ich den geforderten Bewegungsumfang nicht mehr zeigen kann und langsam werde, dann höre ich auf. Aber ich hoffe natürlich, dass es noch eine Weile dauert bis es soweit ist.

Welches ist Dein Lieblings-Movement und welches möchtest Du in keinem WOD sehen?
Ich laufe oder stehe sehr gerne auf meinen Händen – generell sind die turnerischen Elemente meine Favoriten. Ein WOD kann nicht voll genug davon sein!

Ein 1RM ist für mich immer mit einem Absturz auf dem Leaderboard verbunden (Beispiel Open 2023 WOD 1a (Rennen, Burpee Pull ups): 29. weltweit, WOD 1b mit 1RM Thruster: 1788. weltweit)  – deshalb stinkt es mir schon, wenn so ein Movement auf jedem Wettkampfplan steht.

Was ich auch nicht so mag, ist, wenn ich unter Wettkampfbedingungen viele Kalorien auf einem Ausdauergerät absolvieren muss. Am Schlimmsten ist hier auf jeden Fall das Assault Bike!

Liebe Celia, vielen Dank für das tolle Interview! 

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